Wien als kaiserliche Residenz (01.-05.07.2024)

Nach 11 Wochen intensiver Vorbereitung ging es am 1. Juli 2024 endlich los. Die Exkursionsgruppe, bestehend aus 17 motivierten Studierenden und ihren Dozierenden, startete in aller Frühe (7:40 Uhr – eine für Studierende völlig ungewohnte Uhrzeit) vom Mainzer Hauptbahnhof in Richtung Wien. Die Exkursion hatte es sich zum Ziel gesetzt, eine ökonomische und kulturgeschichtliche Perspektive auf den Kaiserhof miteinander zu verbinden. In den folgenden Tagen würden wir uns also intensiv mit dem Zeremoniell, der Ökonomie sowie dem Leben und Arbeiten in der Residenzstadt Wien auseinandersetzen. Die Zugfahrt dauerte rund sieben Stunden – genug Zeit also, sich schon mal auf fünf spannende Tage einzustimmen oder nochmal kurz die Augen zu schließen.

Angekommen in Wien bezogen wir zunächst unsere Quartiere im 6. Bezirk. Wer glaubte, sich nach der Zugfahrt erst einmal eine kleine Pause gönnen zu können, lag falsch. Wien wartete auf uns! In einem Stadtspaziergang ging es zur Wiener Hofburg, wo zwei Kommiliton*innen die Gruppe durch die Geschichte der Residenz führten, die im Laufe der Jahrhunderte immer wieder an die Bedürfnisse der Herrscher angepasst wurde. Das anschließende Referat über den Hofstaat warf einen Blick hinter die glanzvolle Fassade und beleuchtete das Leben der Dienstmädchen am Kaiserhof. Kein schlechter Auftakt, oder?

Und für treue Hörer*innen von „Clio auf die Ohren“ durfte natürlich auch ein Stopp an der Wiener Pestsäule nicht fehlen.

Der zweite Tag begann pünktlich um 9.30 Uhr (das frühe Aufstehen wurde auf dieser Reise zur Gewohnheit) auf der Freyung. Der Vormittag stand ganz im Zeichen der Hofökonomie. Wir begaben uns im Museum für Angewandte Kunst auf die Spuren des Hofhandwerks, und bestaunten die hohe Kunstfertigkeit des frühneuzeitlichen Handwerks. Die anschließende Mittagspause nutzten Manche, um weitere Exponate im Museum zu bewundern, während Andere sich stärkten oder das wunderschöne Wetter bei einem kurzen Sonnenbad im Park genossen. Gut erholt ging es weiter ins Wien Museum und dort durch mehrere Epochen Wiener Stadtgeschichte. Das Referat zur Entwicklung der Stadt Wien hörten wir passenderweise auf der Dachterrasse des Museums mit Blick über die Stadt.

Am Nachmittag ging es aus dem Stadtkern hinaus zum Gartenpalais Liechtenstein, wo wir im Garten zwischen bunten Blumenbeeten das letzte Referat des Tages über den Aufstieg der Familie Lichtenstein und ihre Rolle am Hof hörten. Nach all diesen Eindrücken verbrachten wir den Abend beim Public Viewing oder vor dem heimischen Fernseher, um die österreichische Fußballnationalmannschaft anzufeuern.

Am dritten Tag durften wir Archivluft schnuppern: der Morgen hielt für uns eine Führung durch das Haus-, Hof- und Staatsarchiv parat. Hier erhielten wir einen Einblick in das sonst nicht öffentlich zugängliche Magazin. Wir bekamen Originaldokumente zu sehen, unter anderem zur Krönung Maria Theresias (eine kleine Preview auf den darauffolgenden Tag) sowie Anträge von Hofbediensteten, die um ihre Pension baten. Ein faszinierender Blick auf die Menschen, die hinter dem Prunk des Kaiserhofs standen. Und was wäre eine Reise nach Wien ohne Besuch in einem örtlichen Caféhaus, wo traditionelle Wiener Spezialitäten wie Sachertorte, Apfelstrudel und Kaiserschmarrn zu einer wohlverdienten Pause einluden.

Referate zur Wiener Residenzlandschaft und der Kritik am Wiener Kaiserhof bereiteten auf das exklusive Nachmittagsprogramm vor: Ein Besuch von Schloss Schönbrunn, der Sommerresidenz vor den Toren der Stadt. Dort erhielten wir die Gelegenheit zu einem Austausch mit den Kurator*innen von Schönbrunn. In einem offenen Gespräch beantworteten sie unsere Fragen über ihre Tätigkeiten, während wir gespannt lauschten. Kein Wunder, dass die ursprünglich veranschlagte Stunde dafür nicht ausreichte. Das nächste Highlight ließ nicht lange auf sich warten: Im Anschluss an das Gespräch führte uns Martin Mutschlechner, Kurator in Schönbrunn, durch die prunkvollen Räume des Schlosses. Als besonderes Extra führte er uns sogar in die ehemaligen Räume der Bediensteten, die sich hinter Tapetentüren verbergen und Besucher*innen für gewöhnlich verschlossen bleiben. Den Sonnenuntergang genossen die Teilnehmer*innen in den Gärten von Schönbrunn oder beim gemeinsamen Abendessen in lokalen Gastgärten.

Am vierten Tag ging es morgens raus aus Wien und rein nach Bratislava, der ehemals als Pressburg bekannten Haupt- und Krönungsstadt des frühneuzeitlichen Ungarn. Dort erfuhren wir, wie das Postsystem das Reisen in der Frühen Neuzeit beschleunigte – trotz dieser Erkenntnis entschieden wir uns dennoch für die deutlich bequemere Anfahrt mit dem Zug. Im Martinsdom gingen wir, begleitet von einem Referat, der Krönung Maria Theresias zum König von Ungarn (ja, richtig gelesen) nach, gefolgt von einem Aufstieg zur Burg. Für das Bergauflaufen wurden wir mit einem atemberaubenden Blick über die Donau belohnt. Die Organisation und Führung übernahm dankenswerterweise Dorota Vargova vom Institut für die Erforschung der Habsburgermonarchie und des Balkanraumes. Nach einem spannenden Tag beendeten wir diesen in einem traditionellen Heurigen – mit Wein und gutem Essen lässt sich die Geschichte schließlich am besten verdauen!

Der Vormittag am Tag der Abreise wurde selbstverständlich genutzt: Kurzreferate informierten uns über die Organisation der Wasserversorgung in der Stadt, gefolgt von einem Vortrag über Höfische Feste. Hatten wir unseren Wienaufenthalt passend mit dem Zentrum des blühenden Hoflebens begonnen, so endete er mit dem Besuch der letzten Ruhestätten. In einem Referat zu den Begräbnisfeierlichkeiten gingen wir dem Sterben der Kaiser aus dem Hause Habsburg nach. In der Augustinerkirche und der Kapuzinergruft sahen wir die Herzurnen und die monumentalen Sarkophage.

Nach diesem beeindruckenden Abschluss trat die Gruppe die Heimfahrt vom Wiener Hauptbahnhof an, wobei wir es uns nicht nehmen ließen, das Spiel Deutschland gegen Spanien im Zug zu verfolgen, wenn auch mit holpriger Internetverbindung. Mit etwas Verspätung landeten wir schließlich wieder wohlbehalten am Mainzer Hauptbahnhof. Nach fünf aufregenden Tagen und einer Menge Schritte auf den Schrittzählern ging damit eine spannende und lehrreiche Wien-Exkursion bei Kaiserwetter zu Ende.