Die Berichterstattung der Mainzer Zeitungen über den Tod Kaiser Josephs II. und die anstehende Kaiserwahl in Frankfurt 1790

Joseph II., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation von 1765 bis 1790, versuchte, die Habsburger Monarchie mit seinen Reformen zu modernisieren. Deshalb betrieb er seit seiner alleinigen Machtübernahme 1780 einen aufgeklärten Absolutismus, den er als einen Dienst an Volk und Staat auffasste, hob die Leibeigenschaft auf, lies die Infrastruktur, etwa die Straßen und das Postwesen, ausbauen und trieb eine Schulreform voran, um die Aufklärung der Bevölkerung zu ermöglichen. Auch die Wirtschaft des Landes wurde unter Joseph modernisiert, während er die Staatsfinanzen mit Ausnahme der hohen Militärausgaben zu schonen versuchte. Dennoch sahen große Teile der Bevölkerung, deren Glück der Monarch zu erhöhen versuchte, seinem sich seit 1788 abzeichnenden Tod eher gelassen entgegen. Joseph, der bereits seit 1782 an einer Augenkrankheit litt, erkrankte im Herbst 1778 an Tuberkulose und Malaria und litt daher bis ins Frühjahr 1789 an starken Hustenanfällen und Fieber, was ihn ans Krankenbett band. Wenngleich die Therapieversuche seiner Ärzte bis zu seinem Tod von mäßigem Erfolg gekrönt bleiben sollten, verbesserte sich sein Gesundheitszustand dann nach dem Ortswechsel von Wien in seine Sommerresidenz bei Laxenburg zunehmend, nachdem ihm im April 1789 bereits die Krankenölung und die Kommunion gespendet worden waren. Dennoch litt er auch im Juni noch an Schmerzen, Fieber, blutigem Urin, Bauchkoliken und Diarrhöe, wobei sich sein Zustand im Spätsommer weiter verbesserte. Dies sollte jedoch nicht von langer Dauer sein, so trat ab Oktober eine Verschlechterung ein, die innerhalb weniger Monate zum Ableben des Kaisers führen sollte. Die politischen Niederlagen, die Unzufriedenheit des Volkes mit seiner Regentschaft sowie herbe Rückschläge privater Natur sollten sich in den letzten Monaten des Kaisers zusätzlich negativ auf seinen Gesundheitszustand auswirken. Zwar gab es kleinere Erfolge im Kriege gegen die Türken zu vermelden, allerdings verlor die Monarchie nach einer Revolution in Brüssel Provinzen im Norden Europas. Hinzu kam die kritische Lage in Ungarn, wo Joseph im Januar 1790 zahlreiche Reformen zurücknehmen musste, die auch von den Bauern erbittert bekämpft wurden, deren Situation sie eigentlich verbessern sollten. Für den Kaiser war diese Rücknahme eine schwere Niederlage, während aufgrund einer Steuererhöhung im Februar 1790 auch die Wiener massiv gegen Joseph protestierten. Letztlich rächte sich damit der gegen die Türken geführte Krieg mit seinen gewaltigen Kosten.

Hinzu kamen die privaten Schicksalsschläge. So verstarb seine Nichte Elisabeth, mit seinem Neffen Franz verheiratet, an den Folgen einer Totgeburt. Drei Tage vor seinem eigenen Tod wurde dem Kaiser, der kaum noch sprechen konnte, die Nachricht vom Tod Elisabeths, von diesem wie eine Tochter geliebt, überbracht. Leopold, Josephs Bruder, den er als seinen Nachfolger noch vor seinem Tod in Wien empfangen wollte, erklärte sich für unpässlich, was eine weitere herbe Enttäuschung für den Sterbenden war. Leopold wollte sich so klar von seinem unbeliebten Bruder und dessen Politik, die er in ähnlicher Weise fortsetzen sollte, distanzieren. Deshalb wohnte er später der Beerdigung nicht bei und traf erst drei Wochen nach dem Tod des Bruders in Wien ein, um die Regierungsgeschäfte zu übernehmen. Darüber hinaus rächte sich in den letzten Monaten, die Joseph noch blieben, die lockere Zensurpolitik des Monarchen, der etwa durch Flugblätter und Flugschriften zahlreiche Diffamierungen und Denunziationen hinnehmen musste. Der Rechenschaftsbericht über die Unzufriedenheit im Land, der ihm am 13. Januar 1790 überbracht wurde, fiel für den Monarchen vernichtend aus. Seine Liebe für das Volk wurde offensichtlich nicht mit Gegenliebe erwidert. In seinen letzten Tagen war der Kaiser, der sich seines Scheiterns und des nahenden Todes überaus bewusst war, desillusioniert, einsam und resigniert.

Die Unzufriedenheit des Volkes mit dem Kaiser resultierte aus dessen liberalen Reformen, die der einfachen Bevölkerung eigentlich zu Gute kommen sollten. Was zunächst paradox erscheint, lässt sich unter anderem damit erklären, dass Joseph, der seiner Zeit weit voraus war, seine Reformen sehr schnell, ungestüm und hastig vorantrieb und dabei allzu naiv an die Vernunft der Bevölkerung glaubte. Diese fühlte sich durch die Reformen im Grunde belästigt und überfordert, verstand den Kaiser und seine hehren Ziele nicht. Darüber hinaus geriet Joseph mit seinem Kampf gegen Aberglauben und übertriebenen Kult des Öfteren in Konflikt mit der Kirche, deren Einfluss er etwa in den Schulen beschnitt. Der Klerus war infolgedessen bemüht, den Ruf Josephs in der Öffentlichkeit zu ruinieren, wobei Joseph sich den Adel mit seinen Reformen zum Vorteil der einfachen Bevölkerung ohnehin zum Feind gemacht hatte. Die anhaltende scharfe Kritik sowie die persönlichen Angriffe zwangen ihn schließlich am 20. Januar 1790 seine Lockerungen im Zensursystem rückgängig zu machen und damit zu einem weiteren Rückschritt, einer weiteren Niederlage. Nach seinem Tod, der in Wien mitunter herbeigesehnt worden war, mangelte es zunächst nicht an gehässigen Kommentaren zum Scheitern des aufgeklärten Absolutisten sowie Erleichterung über dessen Ableben, wenngleich einige seinen Tod betrauerten. In den Folgejahren sollte die Bevölkerung sich den verstorbenen Kaiser dann jedoch zurückwünschen, besonders unter der Herrschaft Franz II., der einen weitaus weniger aufgeklärten Absolutismus praktizierte, weswegen der missverstandene Joseph zunehmend zu einem verklärten Ideal emporstilisiert werden sollte.

Joseph, der sich seines nahenden Endes seit 1788 bewusst war und sich weder in Hinblick seines Gesundheitszustands noch des Scheiterns seiner Reformen irgendwelche Illusionen machte, arbeitete bis zu seinem Tod weiter an seinen Regierungsgeschäften, soweit sein Zustand dies zuließ. In seinen letzten Tagen diktierte er seinen Sekretären zahlreiche Abschiedsbriefe für verschiedene Bekannte und Angestellte, wobei er einige persönlich empfing. Viele Beobachter verwiesen auf die menschliche Größe des Kaisers im Angesicht des Todes, wenngleich Kupferstiche und Berichte, die etwa Josephs letzte Reden kurz vor seinem Tod bezeugen, unzutreffend sein dürften, da er in seinem Zustand kaum noch zu sprechen in der Lage war. Am 19. Februar 1790 ließ er sich morgens mit seiner weißen Marschalluniform einkleiden und beschäftigte am Tag vor seinem Ableben bis in die Abendstunden vier seiner Sekretäre, wobei er die Arbeit aufgrund seiner Erschöpfung stark reduzieren musste. Nachdem sich sein Gesundheitszustand in der Nacht immer weiter verschlechtert hatte, verstarb er schließlich in den Morgenstunden des 20. Februar 1790 im Alter von 49 Jahren in Anwesenheit des Leibarztes Brambilla und drei weiterer Personen. Der Verstorbene wurde anschließend im Schlafzimmer aufgebahrt und am 21. Februar in einem Sarg, der von schwarzem Samt überzogen war, in die Hofkappelle getragen, wo er erneut auf einem Trauergerüst aufgebahrt wurde. Der Sarg des Kaisers, dem Prunksucht immer fremd war, war auf seinen Wunsch hin sehr schlicht gehalten. Am Folgetag wurde Joseph in der Kapuzinergruft bestattet, wobei einige Zeitgenossen die Stimmung beim Begräbnis als makaber, weil allzu fröhlich, bezeichneten.

Die edierten Zeitungsartikel aus der Privilegierten Mainzer Zeitung und dem Mainzer Intelligenzblatt informierten die Mainzer Bevölkerung über die Geschehnisse am Wiener Hof und stammen aus dem Jahr 1790.

Verwendete Literatur:

Fink, Humbert: Joseph II.. Kaiser, König und Reformer. Düsseldorf u.a. 1993, S. 264-303.

Reinalter, Helmut: Joseph II.. Reformer auf dem Kaiserthron. München 2011, S. 64-70.

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