Hessen-Darmstadt und der venezianisch-österreichische Türkenkrieg 1714-1718

Am 9. Dezember 1714 erklärte das Osmanische Reich der Republik Venedig den Krieg, um die empfindlichen Gebietsverluste zugunsten Venedigs und der Habsburger im Frieden von Karlowitz (1699) zu revidieren. Die militärisch deutlich unterlegene Seerepublik rief Kaiser Karl VI. mit Verweis auf das gemeinsame antiosmanische Bündnis, die Heilige Liga von 1684, um Hilfe gegen den „Erbfeind der Christenheit“ an, die dieser im April 1716 mit finanzieller Unterstützung des Heiligen Stuhls schließlich zusagte. Gleichzeitig nahm der Kaiser Verhandlungen mit den Reichsständen auf, um diese finanziell an den Lasten des bevorstehenden Krieges durch die seit 1532 vielfach (zuletzt 1682/83) erhobene sogenannte Türkenhilfe zu beteiligen – dies war angesichts der stets prekären Staatsfinanzen der Habsburger, die durch den Spanischen Erbfolgekrieg (1701–1714) besonders belastet waren, bitter nötig.

Die vorliegenden Quellen zeigen einen Ausschnitt aus diesen Verhandlungen: Sie behandeln die Gesandtschaft des Reichshofrats Maximilian Ulrich Graf von Kaunitz, der im Auftrag Karls. VI. verschiedene deutsche Höfe besuchte, hier den des Landgrafen von Hessen-Darmstadt, Ernst Ludwig, um deren Zustimmung zur Türkensteuer zu erlangen, die der Reichstag verabschieden musste. Die Akten stammen aus dem Bestand der Landgrafen von Hessen-Darmstadt und befinden sich heute im Hessischen Hauptstaatsarchiv in Darmstadt (HStAD Best. E 1 M Nr. 83/2).

Die Aktenstücke (Briefe und Protokolle) berichten nicht nur von den direkten Verhandlungen (fol. 3-6, 10-15, 20-25, 26-27), die auch kaiserliche Beschwerden über das Taktieren der protestantischen Stände auf dem Reichstag umfassen, sondern geben ebenso Auskunft über den Versuch des Darmstädter Hofes, Informationen über die Position der anderen Reichsstände in der Steuerfrage zu erlangen (fol. 7-9, 12, 16-18).

Nachdem am 5. August 1716 das habsburgische Heer unter Prinz Eugen von Savoyen die Osmanischen Truppen unter dem Großwesir Damad Ali bei der Festung Peterwardein im heutigen Serbien vernichtend geschlagen hatte, bewilligte der Reichstag schließlich die geforderte Türkenhilfe von 50 Römermonaten. Der Landgraf erteilte dem Anliegen des kaiserlichen Gesandten am 15. August allerdings mit Verweis auf die Belastungen durch den Spanischen Erbfolgekrieg eine Absage – zu dem Zeitpunkt hatte er noch nicht vom Sieg Prinz Eugens gehört.

Quellenedition