Eintägiger Analyseworkshop im Rahmen des DFG-Projekts: Musik als politische Kommunikation Musik als politische Kommunikation an frühneuzeitlichen Höfen: Madrid, London und Paris in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts
Donnerstag, 18.07.2024
Leitung Dr. Elisabeth Natour, Mainz (Neuere Geschichte) in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Klaus Pietschmann (Musikwissenschaft, JGU Mainz) und Prof. Dr. Matthias Schnettger (Neuere Geschichte, JGU Mainz)
Interdisziplinäre Perspektiven auf frühneuzeitliches Quellenmaterial: Englische Quellen mit musikalischem Bezug aus dem höfischen Umfeld Karls I. von England (1600-1649)
Seit geraumer Zeit wird das Potential einer engeren Zusammenarbeit der Geschichts- und der historischen Musikwissenschaft für die Epoche der Frühen Neuzeit erkannt und genutzt. Die interdisziplinär arbeitenden Sound Studies ebnen dabei den Weg, um die Bedeutung von Klang – und etwas versetzt von Musik – auf das Tableau der Geschichtswissenschaft zu bringen und den Mehrwert einer gegenseitigen Befruchtung der beiden Disziplinen zu verdeutlichen. Die Zusammenarbeit der Geschichts- und historischer Musikwissenschaft widmet sich dabei zum einen der Datierung und näheren Kontextualisierung von musikalischen Quellen, deren Bedeutungsebenen sich oftmals nur multidisziplinär erschließen lassen. Zuweilen fungieren musikalische und musiktheoretische Quellen zum anderen als Schlüsselquellen, um die politischen Agenden von Herrschaft zu verstehen. Der an der Universität Mainz angesiedelte Workshop wird an einem besonders ergiebigen Beispiel beide Richtungen ausloten und testen, wie weit interdisziplinäre Zusammenarbeit gehen kann und muss, um Ergebnisse zu zeitigen, die für beide Disziplinen und darüber hinaus Relevanz entfalten.
Das Manuskript Rawl. Poet 23 der Bodleian Library in Oxford ist eine sorgfältige Abschrift englischsprachiger Hymnen, sogenannter Anthems, und Psalmen, die um 1640 entstand. Sie offenbart möglicherweise einen einzigartigen Zugang zur musikalischen Welt der englischen Politik und ihren innersten Zirkeln im Vorfeld des englischen Bürgerkrieges. Ebenso tiefe Einblicke könnte diese Quelle in die Repertoire- und Kanonbildung der englischen Kirchenmusik und ihr intendiertes Aufführungsumfeld geben. Das Manuskript überliefert jeweils den Text, den Namen des Komponisten und einige Aufführungshinweise wie auch eine Zuordnung zum liturgischen Jahr. Bringt man die Texte des Manuskripts mit der dort referenzierten, noch erhaltenen Musik, aber auch den darin angedeuteten spezifischen historischen und liturgischen Kontexten seiner Entstehung zusammen, entfaltet sich im Aufbau der Sammlung ein spannendes Narrativ, das es zu deuten gilt. Im interdisziplinären Verbund werden wir diesen Quellentext analysieren und unsere Expertisen zusammenlegen. In einem zweiten, nicht-öffentlichen Teil, werden anhand weiterer Quellenlektüre zum Verhältnis von Musik und Politik aus dem höfischen Umfeld Karls I. die Chancen und Herausforderungen interdisziplinärer Vernetzung vertiefend diskutiert.
Für diesen experimentellen Workshop werden sich an der Universität Mainz die Kooperationspartnerin des Projekts in England, Prof. Dr. Helen Watanabe-O’Kelly (Oxford, Literaturwissenschaft), sowie Prof. Dr. Johannes Süßmann (Paderborn, Geschichte), Prof. Dr. Christian Leitmeir (Oxford, Musikwissenschaft), Prof. Dr. Klaus Pietschmann (Mainz, Musikwissenschaft) und Prof. Dr. Matthias Schnettger (Mainz, Geschichte) versammeln.
Interessierte sind zum ersten Teil des in Präsenz stattfindenden Workshops, der Arbeit an MS Rawl. Poet 23, nach Voranmeldung willkommen. Aus Platzgründen können nur wenige Plätze vergeben werden. Kontakt und Anmeldung bis 10.07.2024: natourel@uni-mainz.de.
Programm:
18.7.2024, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Fakultätssaal im Philosophicum I, Jakob-Welder-Weg 18, 55128 Mainz
Sektion I (öffentlich, nach Voranmeldung):
Das MS GB-Obl Rawl. Poet 23 – „Die“ Sammlung der königlichen Kapelle unter Karl I. (reg.1625-1649) von England?
10.00h: Beginn: Einführung, Vorstellung der Quelle (Elisabeth Natour)
10.30h-13.00h: Impulse der Teilnehmerinnen und Diskussion (mit Pause)
Mittagspause vor Ort: 13.00h-14.30h
Sektion II: (nicht öffentlich):
Mehr Interdisziplinarität wagen – alles eine Frage geeigneter Quellen?
14.30h-17.00h: Diskussion weiterer Quellenbeispiele im forschenden Austausch (mit Pause).
19.15h: Gemeinsames Abendessen der Teilnehmerinnen
Bereits am 17. Juli, um 18.00h, im Vorfeld des Workshops, hält Prof. Dr. Helen Watanabe-O’Kelly (Oxford) in der Musikwissenschaftlichen Abteilung einen öffentlichen Gastvortrag zum Thema: "Macht inszenieren, Macht sehen, Macht hören. Feste der Frühen Neuzeit und ihr Publikum." Philosophicum I, Hörsaal, Musikwissenschaft